Winterwandern auf der Schwäbischen Alb
zuerst veröffentlicht im Bergzeit Magazin (15. Dezember 2015)
Die fast 18 Kilometer lange Streckenwanderung über die Burg Teck, die uns am letzten Tag des Jahres viel Freude bereitet hat, beginnt in Linsenhofen. Der Ortsteil von Frickenhausen ist bequem mit der zwischen Nürtingen und Neuffen verkehrenden Tälesbahn der 1899 in Stuttgart gegründeten Württembergischen Eisenbahn-Gesellschaft zu erreichen. Linsenhofen selbst bietet wenig, und die Straßen sind voll von graubraunem Schneematsch, der mit dem Weiß des Himmels in Kontrast tritt, so dass wir uns gleich auf den Weg Richtung Beuren machen. Nur wenige Höhenmeter später treten wir ein in eine weiße Winterwunderwelt. Vorbei an Streuobstwiesen, auf denen sich die Äste der Bäume unter der Schneelast krümmen, wandern wir an einer verwaisten Grillstelle hinein in den Stumpenwald. Der Schnee knarrt unter unseren Schuhen. Ansonsten herrscht völlige Stille. Bald lassen wir den Wald hinter uns und stapfen abermals vorbei an Streuobstwiesen, wo ein Baum noch leuchtend gelbe Äpfel trägt, nach Süden.
Am Horizont erscheint das typische Panorama der Schwäbischen Alb – den Bergen fehlt der Gipfel. Reizlos sind sie deshalb aber noch lange nicht. Sie haben ihren ganz eigenen Zauber. Auch Engelberg und Spitzberg. Die beiden Erhebungen links und rechts des Wanderweges halten in ihren Bergkuppen zwei Vulkanschlote versteckt, die vor 17 bis 19 Millionen Jahren aktiv waren. Heute bieten Aussichtsplateaus freie Sicht auf die Umgebung. Weit drüben am Albtrauf thront auf der rechten Seite die zwischen 1100 und 1120 erbaute Burgruine Hohenneuffen in 743 Metern Höhe auf einem Weißjurafelsen, links die Bassgeige mit ihren beiden Pfeilern Brucker und Beurener Fels.
Am gegenüberliegenden Hang gehen wir aufwärts Richtung Burg Teck auf vorgespurten Pfaden, die sich durch den ansonsten unberührten Schnee ziehen. In steilem Zickzack führt der schmale Weg fast alpinen Charakters durch den winterlichen Märchenwald bergan. Schließlich erreichen wir den Waldweg, der vom Parkplatz Hörnle direkt hinauf auf die Burg führt.
Hier ist eine wahre Völkerwanderung im Gange. Alles strebt zur Burg – aus gutem Grund. Die 775 Meter hoch gelegene mittelalterliche Gipfelburg mit Aussichtsturm ist nicht nur das Ziel des traditionellen Kirchheimer Silvesterlaufs, bei dem die Läufer 464 Höhenmeter auf einer Strecke von 18 Kilometer überwinden müssen und der keine Gewinner und Verlierer kennt, sondern bietet in ihrem Wanderheim auch kulinarische Köstlichkeiten. Allein die schwäbischen Linsen und Spätzle sind die Mühen des Aufstieg wert.
Während wir einen großen Teller des Nationalgerichts der Schwaben vertilgen, unseren Bierdurst löschen und immer wieder die grandiose Aussicht genießen, nehmen unten im Tal die ersten Läufer Kurs auf den Anstieg. Als sie den Torbogen der Burganlage passieren, stehen wir mit vielen anderen Wanderern Spalier, die klammen Finger an einem Becher voll heißen Glühweins wärmend.
Tourdaten
- Start: Bahnhof Linsenhofen, Ortsteil von Frickenhausen, Landkreis Esslingen
- Anfahrt: von Stuttgart Hauptbahnhof mit der R-Bahn Richtung Tübingen bis Nürtingen, von dort mit der Tälesbahn bis Linsenhofen
- Ziel: Bahnhof Dettingen unter Teck
Rückfahrt: von Dettingen u. T. mit der Teckbahn bis Kirchheim u. T., weiter mit der S-Bahn bis Stuttgart Hauptbahnhof - Länge: 17,7 Kilometer
- Höhendifferenz: 348 bis 775 Meter
Höhenmeter: bergauf 528 und bergab 531 Meter - Schwierigkeitsgrad: einfache, aber relativ lange Streckenwanderung
- Bad Urach – Biosphärengebiet Schwäbische Alb (F524), Freizeitkarte des Schwäbischen Albvereins 1:50.000
- Eberle, J. & Lehr, M. (2015). GeoWandern rund um Stuttgart: Gäulandschaften. Keuperbergland. Albvorland. Schwäbische Alb. München: Rother
- Freundeskreis Burg Hohenneuffen
- Freilichtmuseum Beuren
- Kirchheimer Silvesterlauf
- Restaurant Wanderheim Burg Teck