Winterwandern mit Hund auf der Schwäbischen Alb
zuerst veröffentlicht im Bergzeit Blog – offline – (24. Januar 2013)
Das Biosphärenreservat Schwäbische Alb ist nicht nur ein herausragendes Sportklettergebiet und Paradies für Skilangläufer, sondern auch ein wunderbares Wanderland – zu jeder Jahreszeit, für Zweibeiner und für Vierbeiner. Am ersten „Schnee-Wochenende“ dieses Winters wanderten wir mit „Patenhund“ Emma durch die zauberhafte Winterlandschaft am Nordrand der Alb.
Die Schwäbische Alb, das knapp 200 Kilometer lange und etwa 40 Kilometer breite Mittelgebirge in Süddeutschland, hat keine ausgeprägten Gipfelberge, sondern tafelförmige Hochflächen, die nach Norden und Westen steil abfallen. Weilheim an der Teck, der Startpunkt unserer Tour, liegt am nordwestlichen Steilabfall, am Albtrauf, auf 385 Metern Seehöhe.
Wettstreit der Tupfen
Von der Peterskirche weist das blaue Dreieck, die Markierung des Schwäbischen Albvereines für Zugangswege aus dem nördlichen Vorland zum Alb-Nordrand-Weg, immer am Kohlesbach entlang und führt über ein Wiesengelände mit losem Baumbestand zunehmend steiler bergan. Während Emma unter der Schneedecke Äpfel aufspürt, sie ausbuddelt und genüsslich verspeist, stapfen wir, bei jedem Schritt in die noch unberührte Schneedecke an den Hängen des Albausläufers „Wolfscherre“ einsinkend, bergan. Der Waldweg, den wir bald erreichen, scheint stärker frequentiert. Auf der niedergetrampelten weißen Pracht stimmt Emma nun den für Dalmatiner so typischen Kutschenbegleithunde-Trab an. Dann und wann hält sie kurz inne, um über ihre Schulter zu schauen, so, als wolle sie fragen: Könnt Ihr mir noch folgen? [1]
Wir können. Der Schnee knirscht unter unseren Stiefeln. Die Sonne blinzelt zwischen den Wolken hindurch und sorgt für ein mystisch anmutendes Farbenspiel im Schwarzweiß des Winterwaldes. Emmas schwarz getupftes weißes Fell harmoniert wunderbar mit dem braun getupften Schnee des noch andauernden Herbstes. Den Abzweig nach Eckwälden lassen wir links liegen und gehen bei strahlendem Sonnenschein weiter zum Wanderparkplatz nahe des Kaltenwanghofes, der besser bekannt ist als „Deutsches Haus“. Die Geschichte des einst als „Deutscher Hof” geführten Landgasthofes reicht zurück bis in das Jahr 1872.
An der Landesstraße 1213 von Weilheim nach Gruibingen wenden wir uns nach einem kurzen Abstecher zum Deutschen Haus nach rechts und bummeln ein Stück die am sonntäglichen Vormittag nur wenig frequentierte Straße hinab, bis der Wanderweg links in den Wald hinein abzweigt. Die blaue Raute, die für einen Albvereins-Querweg steht, leitet uns durch Kernzone „Bosler“ des Biosphärengebietes Schwäbische Alb zwischen Kleinem und Großem Erdschliff, einem ehemaligen Bergsturz. Kernzonen sollen dem unbeeinflussten Naturzustand sehr nahe kommen, weshalb natürliche und naturnahe Lebensräume und Lebensgemeinschaften dort unter Schutz stehen. [2]
Der Weiler Häringen
Über den Häringer Weg gelangen wir hinunter nach Häringen, das mindestens den Eindruck von tiefster „Pampa“, wenn nicht sogar vom Ende der Welt vermittelt. Der zu Weilheim gehörende Weiler zählt knapp 70 Einwohner, die sich auf eine Handvoll Häuser verteilen. Drei Gasthäuser – ein Schwabe, ein Italiener und eine Besenwirtschaft – liefern den Hinweis auf die wahre Bestimmung dieses beschaulichen Fleckchens Erde. An Wochenenden und Feiertagen fallen Touristen in Massen ein, und Blechlawinen „zieren“ die schmalen Dorfstraßen auch an diesem Sonntag.
Wir ziehen die Einsamkeit vor, blicken ab und zu sorgenvoll hinüber zu der dunkelgrauen Wolkenwand, die sich vor die Sonne geschoben hat, und folgen abermals dem blauen Dreieck. Über steiles Wiesengelände mühen wir Zweibeiner uns hinauf bis zum Waldrand und hinein in den Wald. Der Pfad, über dessen Steigung der Vierbeiner vor uns nur ein mildes Hundelächeln übrig hat, windet sich im Zickzack hinauf bis zum Sattel, der den Erkenberg vom Albtrauf trennt und einst die Heimat von zwei Burgen war. Von der Höhenburg Windeck, die auf dem 723 Meter hohen Berggrat stand, und Burg Merkenberg, die bis um 1330 Sitz der Aichelberger Grafen war, sind nur noch Gräben übrig.
Schließlich schlendern wir über weite Streuobstwiesen-Hänge hinunter und erreichen die auf 460 Metern gelegene „Kirschengemeinde“ Neidlingen – das 1800 Einwohner zählende Dorf ist zur Kirschblüte ein beliebtes Ausflugsziel. Die Kirschbäume halten gerade Winterruhe und bereiten sich auf den Schneefall vor, der sich ankündigt. Einzelne Flocken rieseln schon vom Himmel, und wir entschließen uns, im Lamm einzukehren. In der gemütlichen Gaststube genießen wir Kässpätzle und sehen zu, wie der Schneefall draußen immer stärker wird.
Anfahrt:
- mit dem Auto: A 8 Stuttgart-München, Ausfahrt Aichelberg, diverse Wanderparkplätze in Weilheim/Teck.
- mit dem ÖPNV: von Stuttgart-Hauptbahnhof mit der S-Bahn S1 Richtung Kirchheim/T., vom Bahnhof Kirchheim/T. mit Bus 174 Richtung Neidlingen Schlossgärten bis Weilheim/T. Haltestelle KSK/Brunnenstraße.
Einkehren:
- Weilheim/T. Kaltenwang: Deutsches Haus Kaltenwang
- Häringen: Landgasthof Rössle, Most-Besenwirtschaft Bendl, Pizzeria Valentina
- Neidlingen: Gasthaus Lamm
Zitierte Literatur:
[1] In Baden-Württemberg herrscht kein Leinenzwang für Hunde. Sie sollten allerdings ohne Leine abrufbar sein. ForstBW, Hund & Katz.
[2] Biosphärengebiet Schwäbische Alb: Entstehung & Zonierung.
[3] Häcker, O. (1905). Die schönsten Aussichtspunkte der Schwäbischen Alb. Blätter des Schwäbischen Albvereins, Jg. XVII, Nr. 2, 42-52.